Behält sich der öffentliche Auftraggeber die Möglichkeit vor, den Zuschlag bereits auf das Erstangebot zu erteilen (vgl. § 17 Abs. 11 VgV), so ist dieses Angebot auch dahingehend zu prüfen, ob es den ursprünglichen Vergabeunterlagen entspricht. Dies ist deshalb problematisch und wird gerne übersehen, da es im Rahmen von Verhandlungsverfahren üblich ist, das Erstangebot als indikatives Angebot abzugeben. Abgesehen von dem nicht verhandelbaren Kernbereich des Auftrages, sind die Bieter befugt, Abweichungen von den Vergabeunterlagen in den indikativen Angeboten anzubieten, welche dann in der (zwingend vorzunehmenden) ersten Verhandlungsrunde erörtert werden.
Diese Abweichungen von den Vergabeunterlagen sind somit ausdrücklich gewünscht und führen nicht zu einer unzulässigen Änderung der Vergabeunterlagen. Hat der Bieter die Vergabeunterlagen nicht genau studiert und den erklärten Vorbehalt zur Bezuschlagung des Erstangebotes übersehen, wird das (abweichende) Angebot aufgrund eines manipulativen Angriffs in die Vergabeunterlagen in den meisten Fällen auszuschließen sein.
An vorderer Stelle bei der Vorbereitung auf die Angebotsabgabe in einem Verhandlungsverfahren, sollte demnach die ausgiebige Sichtung der Vergabeunterlagen dahingehend stehen, ob der Zuschlag auf das Erstangebote vorbehalten worden ist. Dieser Vorbehalt muss ausdrücklich im Rahmen der Auftragsbekanntmachung oder der Aufforderung zur Interessensbekundung enthalten sein.
Hat der öffentliche Auftraggeber diesen Vorbehalt nicht erklärt, haben die Bieter Anspruch auf zumindest eine Verhandlungsrunde. Ist der Vorbehalt erklärt worden, sollte die Verhandlungsgegenstände und möglichen Änderungen nur auf ausdrückliche Anfrage des öffentlichen Auftraggebers dem Erstangebot beigefügt werden. Alternativ können Verbesserungsvorschläge oder alternative Angebotsbestandteile als Bieterfrage an den Auftraggeber herangetragen werden.