Unkalkulierbare Risiken bei der Vergabe von Planungsleistungen

Planungsleistungen gelten regelmäßig als geistig-schöpferische oder als innovative und konzeptionelle Leistungen. Daher sieht die Vergabeverordnung (§ 74 VgV) das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb als Regelverfahren für Leistungen vor, die nicht eindeutig und erschöpfend beschrieben werden können. Somit können etwaige Unklarheiten der Leistungsbeschreibung im Rahmen der Verhandlungen geklärt, optimiert sowie in den finalen Angeboten entsprechend kalkuliert werden.

Eine kurze Sichtung der europaweiten Auftragsbekanntmachungen zeigt allerdings, dass ca. ein Viertel der Planungsvergaben, als offenes oder nichtoffenen und somit ohne Verhandlungen durchgeführt werden (was laut VK Westfalen, Beschluss vom 23.01.2018 – VK 1-29/17 wohl unproblematisch ist). Ein Umkehrschluss dergestalt, dass diesen Verfahren eine erschöpfende Leistungsbeschreibung zugrunde liegt, wird in den meisten Fällen enttäuscht werden. Gleiches gilt für Verhandlungsverfahren, in denen der Zuschlag auf das Erstangebot vorbehalten wird.

Zweifelsfrei fallen die Vollbeauftragung der LPH 1 bis 9 sowie die Teilbeauftragung der LPH 1 bis 4 unter das Merkmal der nicht eindeutig und erschöpfend beschreibbaren Leistung. Die Teilbeauftragung der Leistungsphase 5 bis 8 hingegen, ist regelmäßig eindeutig und erschöpfend beschreibbar.

Für Bieter ergeben sich daraus insbesondere folgende Fragen:

Wie soll ich ein auskömmliches und wettbewerbsfähiges Angebot kalkulieren, wenn die tatsächlich zu erbringenden Leistungen noch nicht feststehen und es keine Verhandlungen geben wird?

Wo liegen die Grenzen einer funktionalen Leistungsbeschreibung im Hinblick auf unzumutbare Wagnisse?

Minimalanforderungen an eine funktionale Leistungsbeschreibung sind die „Zuschlagskriterien, das Leistungsziel, die Rahmenbedingungen und die wesentlichen Einzelheiten der Leistung in der Aufgaben- oder Leistungsbeschreibung [angegeben werden]. Denn auch die funktionale Ausschreibung soll Missverständnisse bei den Bietern vermeiden und damit letztlich sicherstellen, dass miteinander vergleichbare Angebote abgegeben und bewertet werden“ (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.06.2013 – Verg 7/13). Die Vergabereife ist damit Minimalanforderung und gleichzeitig ausreichend für die funktionale Leistungsbeschreibung von Planungsleistungen. Sollten diese Anforderungen nicht eingehalten sein,

Liegen in diesen Fällen lückenhafte Leistungsbeschreibungen vor, gehen Bieter ein hohes Risiko ein, wenn diese Unklarheiten im Angebot nicht berücksichtigt werden können. Entweder werden diese Risiken dann entsprechend eingepreist, oder sie werden übersehen bzw. mit einer „wird schon gut gehen“ Mentalität vernachlässigt. In erstem Fall wird man regelmäßig aufgrund eines höheren Preises nicht das wirtschaftlichste Angebot haben und im zweiten Fall kommt die Ernüchterung im Laufe des Projektes, wenn sich das Honorar als unauskömmlich herausstellt.

Auch die Vermischung von Grundleistungen und Besonderen Leistungen der HOAI im Rahmen von angepassten Leistungsbildern ist problematisch. Dem ersten Anschein nach entspricht das Leistungsbild der jeweiligen Anlage zu HOAI. Bei genauerer Betrachtung erkennt man jedoch, dass einzelne Grundleistungen durch Besondere Leistungen ausgetauscht worden sind. Zweifelsfrei sind solche Anpassungen vom Leistungsbestimmungsrecht des Auftraggebers umfasst und sinnvoll, doch was spricht gegen eine gesonderte Darstellung?

Bietern sind in solchen Fällen drei Tipps zu geben:

  1. Analysieren Sie die Vergabeunterlagen rechtzeitig hinsichtlich versteckter Risiken.
  2. Stellen Sie rechtzeitig Bieterfragen hinsichtlich etwaiger Unklarheiten.
  3. Kalkulieren Sie verbleibende Risiken so gut es geht, je nach Eintrittswahrscheinlichkeit.

Bieterfragen können sich dabei in zweierlei Hinsicht positiv auf die Erfolgsaussichten auswirken. Zum einen klären sich Unklarheiten und Risiken des Fragenden auf, was zu einer nachhaltigeren Kalkulation des Angebots führt. Zum anderen erhalten auch die Mitbewerber die Antworten auf die Fragen. Hat somit ein Mitbewerber bspw. nicht erkannt, dass eine Grundleistung durch eine besondere Leistung ausgetauscht worden ist, können Sie so dazu beitragen, dass alle Bieter dasselbe Verständnis haben. Es ist zwar Aufgabe des Auftraggebers dafür Sorge zu tragen, dass vergleichbare Angebote eingehen, dennoch kann es hilfreich sein, an dieser Stelle nachzuhelfen.

Abschließender Tipp:

Wichtig ist jeweils das „rechtzeitig“. Auftraggeber sind deutlich stärker gewillt, ausführliche Antworten auf Bieterfragen zu formulieren, wenn diese nicht erst ein paar Tage vor Ablauf der Angebotsfrist eingehen. Außerdem bleibt so noch ausreichend Zeit, um ggfs. vergaberechtswidrige Umstände zu rügen. 

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