Fallstricke bei der Einrede der vorbehaltslosen Schlusszahlung

§ 16 Abs. 3 VOB/B sieht eine umfangreiche Regelung vor, welche den Zweck der Beschleunigung sowie der abschließenden Abwicklung eines Bauprojektes hat. Dieser Zweck wird durch verschiedene Fristen und notwendige Erklärungen erfüllt. Hält sich insbesondere der Auftragnehmer nicht an diese Regelungen, kann dies dazu führen, dass der Werklohnanspruch des Auftragnehmers verloren geht und nicht mehr durchgesetzt werden kann.

Die Anwendung dieser Norm bietet jedoch für beide Seiten verschiedene Fallstricke.

Anwendbarkeit von § 16 Abs. 3 VOB/B

In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob die Regelung des § 16 Abs. 3 VOB/B wirksam in das Vertragsverhältnis einbezogen worden ist. Sollte das Vertragswerk vom Bauherrn gestellt worden sein, könnte es sein, dass § 16 Abs. 3 VOB/B keine Anwendung findet, wenn die VOB/B nicht im Ganzen – also in einzelnen Punkten eine Abänderung stattgefunden hat – vereinbart worden ist. Dadurch entfällt die Privilegierung der VOB/B als geschlossenes Vertragswerk und die isolierte Betrachtung des § 16 Abs. 3 VOB/B führt zu einer Benachteiligung des Auftragnehmers. Das BGB sieht eine Einrede der vorbehaltslosen Schlusszahlung nicht vor. Dort ist die zeitliche Grenze der Geltendmachung die regelmäßige Verjährungsfrist.

Da mittlerweile die wenigsten Bauverträge keinen Eingriff oder Änderung in die VOB/B enthalten, hängt die Anwendbarkeit von § 16 Abs. 3 VOB/B entscheidend davon ab, welcher Vertragspartner die VOB/B in das Vertragsverhältnis eingebracht hat. Soweit der Auftraggeber die VOB/B in den Vertrag eingebracht hat, kann sich dieser regelmäßig nicht auf die für ihn vorteilhafte, aber unwirksame Regelung des § 16 Abs. 3 VOB/B berufen. Hat der Auftragnehmer die Vertragsbedingungen der VOB/B eingebracht, so kann der Auftraggeber die Einrede der vorbehaltslosen Schlusszahlung geltend machen. Der Auftragnehmer darf sich in dieser Situation nicht auf die eigene unwirksame Regelung berufen.

Vorliegen einer Schlusszahlung

Eine Schlusszahlung im Sinne § 16 Abs. 3 VOB/B liegt sowohl bei der Zahlung eines Teilbetrages der Schlussrechnung als auch bei einer vollständigen Weigerung von weiteren Zahlungen, da nach dem Prüfergebnis der Schlussrechnung der Auftragnehmer bereits überbezahlt ist. Die Schlusszahlung muss mit einem schriftlichen Hinweis auf die mögliche Ausschlusswirkung einer vorbehaltslosen Annahme der Schlusszahlung versehen sein. Zudem muss der Hinweis die Möglichkeit des Vorbehaltes sowie der Pflicht zur Begründung des Vorbehaltes innerhalb von jeweils 28 Tagen enthalten.

Erklärung eines Vorbehalts gegen die Schlusszahlung

Nachdem der Auftragnehmer die Schlusszahlung bzw. die Weigerung von weiteren Zahlungen erhalten hat, hat dieser insgesamt 28 Tage Zeit, um zu erklären, dass er sich die weitere Geltendmachung von Ansprüchen vorbehält. An den Inhalt dieser Erklärung werden keine hohen Anforderungen gestellt, wobei eine „Bitte um nochmalige Prüfung“ nicht ausreichend wäre. Durch die Erklärung des Auftragnehmers muss deutlich werden, dass dieser die Schlusszahlung nicht als endgültig und vollständig erachtet.

Adressat dieser Erklärung ist stets der Auftraggeber. Dennoch ist es anerkannt, dass auch der Architekt zur Entgegennahme berechtigt ist, wenn dieser während dem Bauvorhaben Adressat für Angelegenheit der Abrechnung war.

Nach Ablauf dieser Frist muss der Auftragnehmer innerhalb weiterer 28 Tage den Vorbehalt begründen. Sollte sich der Vorbehalt auf Forderungen der Schlussrechnung beziehen, welche bereits prüffähig abgerechnet worden sind, sind keine weiteren Unterlagen zu übergeben. Handelt es sich um neue Forderungen (bspw. Ansprüche aus Bauzeitverlängerung) so sind Unterlagen zu übergeben, welche notwendig sind, um den Anspruch nachvollziehen zu können.

Ausschlusswirkung

Die Ausschlusswirkung erstreckt sich auf Zahlungsansprüche, die ihre Grundlage in dem geschlossenen Bauvertrag haben. Unbeachtlich ist dabei, ob diese Ansprüche dem Auftragnehmer bzw. dem Auftraggeber bereits bekannt waren oder in der Schlussrechnung enthalten waren. Damit die Ausschlusswirkung greift, muss der Auftraggeber sich ausdrücklich auf die Einrede der vorbehaltslosen Schlusszahlung berufen.

Erfolgt nach Vorbehaltserklärung und erneuter Prüfung der Schlussrechnung eine weitere Auszahlung, setzt diese erneute Schlusszahlung keine neue Frist in Gang und ein weiterer Vorbehalt ist nicht notwendig.

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Dominik Kraft ist Rechtsanwalt im Vergaberecht und Fachanwalt im Bereich des Bau- und Architektenrechts

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